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Niedergeschlagen

11 Okt

Ich bin ein wenig niedergeschlagen. Heute waren wir beim Psychologen im Kindergarten. Da das Angebot kostenlos war und das ein wirklicher Profi sein sollte, dachten wir uns, man kann da ja mal hingehen und ein paar Dinge fragen, die Emily betreffen. So als Erstlingseltern (ja wir bezeichnen uns immer noch so) hat man ja immer mal Fragen und von unseren Eltern kommen immer so Antworten wie „Das habt ihr nie so gemacht“ oder sie können sich schlichtweg nicht mehr erinnern. Meine Hauptthemen waren

1. Emilys Eifersucht und aggressives Verhalten ihrer Schwester gegenüber
2. Dass Emily nicht mit anderen Kindern spielen will und nur an den Erwachsenen klebt
3. Ihre in meinen Augen übertriebene Angst, dass ich weg gehen könnte

Bei Punkt 1 konnte der Psychologe uns schnell beruhigen. Dieses Maß an Eifersucht, dass Emily an den Tag legt ist völlig normal und wir sollen sie einfach noch mehr in Lauras Pflege mit einbeziehen, dann würde das bestimmt noch besser werden.

Bei Punkt 2 sieht er auch kein Problem. Emily sucht erstmal im Kindergarten die Nähe der Erzieherinnen und baut sich so ihr Sicherheitsnetz auf, dass sie dann nach und nach verlassen wird, denn die Erzieherinnen sind kalkulierbar, Kinder halt nicht.

Bei Punkt 3 sagte er mir dann etwas, dass mich echt traurig macht. Er fragte wie die Schwangerschaft war und wie die Geburt und die ersten Monate waren. Darauf musste ich ihm sagen, dass ich sehr viel Kummer in der Schwangerschaft hatte und auch viel geweint habe. Da war zum einen meine Mutter, die mehrere leichte Schlaganfälle hatte und einen während der Schwangerschaft mit Emily und auch stationär im Krankenhaus aufgenommen wurde und dann wurde noch etwas am Herzen bei ihr festgestellt. Das alles war sehr schlimm für mich, da meine Mutter sehr sehr wichtig für mich ist und ich tierisch an ihr hänge. Ich hatte furchtbare Angst sie zu verlieren. Und dann kam noch der Unfall meines geliebten Sammys mit OP und sehr langwierigen Nachbehandlung. Auch da habe ich viel geweint. Als Emily dann 7 Monate alt war, verunglückte mein Vater schwer. Er fiel von der Leiter auf die Eingangstreppe und zerschlug sie die rechte Gesichtshälfte und brach sich einige Rippen. Da war Emily sogar dabei und hat die ganze Aufregung mitbekommen. Als man mich im Büro anrief, dachte ich im ersten Moment er sei tot. Danach waren wir viel in den Kliniken, um das Gesicht meines Vaters und vornehmlich das Auge wieder herzustellen. Wir waren viel in Hannover und dann in Münster, denn in Bielefeld traute sich kein Arzt an die Sache heran. Es war also in der Zeit sehr viel vorgefallen und dann kam noch die Geschichte mit unserem Heckenbrand dazu, die sich während der Schwangerschaft mit Laura ereignete. Der Psychologe ist der Meinung, dass alles das zu Emilys Ängstlichkeit beigetragen hat und deswegen würde sie auch so extremst bei mir klammern. Er meinte aber auch gleich, das wäre ja nicht meine Schuld, denn ich hätte ja nichts anders machen können. Ich hätte auf all diese Ereignisse keinen Einfluss gehabt. Aber ich bin trotzdem niedergeschlagen. Ich, die Mutter, habe bisher alles versucht, um mein Kind vor allem Unheil und Bösem zu beschützen. Ich habe versucht ihr eine glückliche und unbeschwerte Kindheit zu schenken und nun muss ich erkennen, dass ausgerechnet ich daran Schuld bin, dass sie so ein Trennungsangst hat?! Ich bin so wütend und traurig, dass ich nur noch laut schreien könnte. Das Leben ist ungerecht!!! Ich wollte meinem Kind doch nichts böses antun, ich wollte nicht, dass sie traurig ist. Verdammt!